Schweige und höre

„Schweige und höre, neige deines Herzens Ohr, suche den Frieden“

Angelus Silesius

Das obige Bild habe ich als selbstgemachte Collage von meiner Mutter zu Weihnachten als Karte bekommen. Es fiel mir wieder ein, als ich am letzten Sonntag einen Achtsamkeitstag im Rahmen eines MBSR-Online Kurses durchgeführt habe. Diese Achtsamkeitstage finden in Stille oder im Edlen Schweigen statt. Wenn wir ihn die Stille gehen, ist es das, was wir beginnen, wir lauschen nach Innen. Vielleicht auf unsere Gedanken und Gefühle, vielleicht können wir uns aber auch mit dem Herzen verbinden. Und damit meine ich nicht unser schlagendes, physisches Herz, sondern unser wahres Herz. Das wahre Herz, dass für das steht, was wir im Tiefsten wirklich sind. Und wenn diese Verbindung entsteht, entsteht Frieden in uns. Und dieser zeigt sich durch eine Stille, die tiefer ist als die Stille, durch das Wegfallen der äußerlichen Geräusche. Es wird alles ruhiger, die Wünsche, die Sehnsucht, die Ängste, der Ärger etc.. Und dahinter zeigt sich vielleicht nur für Bruchteile von Sekunden, unser Herz. Und diese Verbindung zu unserem Herzen stärkt auch die Verbindung zu anderen Wesen.

Wir können dieses Zitat von Silesius jedoch nicht nur auf die Meditation beziehen, sondern auch für den Alltag nutzen. Wenn wir in Kommunikation mit anderen Menschen sind, können wir das Schweigen und Hören gut üben. Häufig hören wir die Worte und sind gleichzeitig schon bei unserer Antwort. Wenn wir in Gesprächen einmal schweigen und hören, und damit auch unsere schon entstehenden Antworten „schweigen“ lassen, können wir uns mit dem Gesagten verbinden, wie mit unserem Herzen. Und damit auch die Verbindung zu unserem Gesprächspartner neu erfahren. Egal, ob uns das Gesagte gefällt oder nicht, können wir vielleicht hören, was neben den Worten noch gesagt wird, welche Gefühle und Bedürfnisse mitschwingen. Und aus dem schweigenden Hören heraus unseren Impuls der Antwort erkennen und uns möglicherweise Zeit nehmen für diese. Und vielleicht auch bewusster antworten und damit den Bedürfnissen unseres Gegenübers besser entsprechen. Das besser entsprechen ist kein nach dem Mund reden, sondern die Bedürfnisse des Anderen und die Eigenen sehen und aus diesen heraus antworten.

Ich hatte im Laufe der Woche ein Gespräch mit einer Führungskraft, bei der es um Anweisungen ging, die von der Unternehmensleitung wegen Corona getroffen wurden. Diese wurden von Mitarbeitenden als ungerecht empfunden. Sie machten ihrem Unmut Luft und forderten die Führungskraft auf, Stellung zu beziehen zu dieser Ungerechtigkeit. Sie fühlte sich angegriffen und ebenfalls ungerecht behandelt und gleichzeitig in der Verpflichtung zu antworten. Nachher war sie sich nicht mehr sicher, ob die Antwort und ihr Verhalten adäquat waren.

Gerade diese Momente sind es, die uns fordern. In diesen Momenten schweigen und wirklich zuhören. Auf die entstehende Gefühle achten, vielleicht auch auf das Bedürfnis welches gerade nicht erfüllt wird. In der beschriebenen Situation, vielleicht das Bedürfnis nicht gesehen zu werden mit den eigenen Bemühungen fair und gerecht zu sein. Und eine Pause zulassen. Dann entsteht die Möglichkeit, achtsam zu antworten und die Verbindung zu halten.

Schweigen und Hören ist eine wichtige Kompetenz im Alltag und wir können diese üben. Wir üben diese z.B. durch Meditationen, in dem wir in uns hinein lauschen und auf das was entsteht nicht reagieren. Wir können diese aber auch mit einem Gesprächspartner üben.

Diese Übung ist der Achtsame Dialog. Hier eine kleine Anleitung:

  • Setzt Euch als Gesprächspartner (A und B) gegenüber. Vereinbart eine Zeit für das Reden z.B. 3 oder 5 Minuten.
  • Schliesst die Augen und legt fest, wer zuerst spricht (A).Startet den Timer. (Vielleicht mit einem schönen Gong)
  • A erzählt, B hört nur zu und lauscht dabei auch nach innen, was dort entsteht. Welche Impulse, Gedanken und Gefühle entstehen. Falls A nichts mehr zu sagen hat und die Zeit noch nicht abgelaufen ist, verbleibt ihr in Stille bis der Timer abgelaufen ist.
  • Anschliessend wechseln, mit der gleichen Dauer: B erzählt, A hört tief zu.
  • Danach kann ein Austausch darüber stattfinden, welche Erfahrungen gemacht wurden.

Dies kann z.B. eine schöne Übung am Abend mit Freund*in oder Partner*in sein, um das am Tage erlebte auszutauschen. Aber auch mit Kolleg*innen um z.B. Erfahrungen in einem Projekt oder einem Workshop auszutauschen.

Ich wünsche Euch viel Freude mit dem Achtsamen Dialog

Euer Oliver

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